23.04.2012

Bunker Cities - Mauern, Zäune, Stacheldraht [Arte]


In den Megastädten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas steigen die Einkünfte der neuen Mittelschicht und deren Lebensstandard lässt sich bereits mit dem der Europäer vergleichen. Aber diese Inseln des Wohlstands befinden sich inmitten eines Ozeans der Armut. Deshalb verschanzen sich ihre Bewohner. So sind in Brasilien alle neuen städtischen Wohnungsbauprojekte sogenannte Condomínios, Privatstädte mit eigenen Läden, Dienstleistungen und Sicherheitskräften, die klar von den Vorstädten getrennten, uneinnehmbaren Festungen gleichen. Die bewaffneten Ordnungskräfte der Condomínios stehen der Parallelherrschaft der Gangs in den Favelas gegenüber. Zwei getrennte Welten, in die der Staat kaum eingreift.
Dies trifft immer mehr auch für Europa zu. In Toulouse wurde ein Dutzend abgesicherter Residenzen in der Nähe eines Komplexes von Sozialwohnungen gebaut, den die Polizei mittlerweile gänzlich meidet. In Le Mirail, dem Viertel für "sozialen Wohnungsbau", wurde die Nachbarschaftspolizei durch "Vermittler" ersetzt, junge Vorstadtbewohner, die unter den größten Störenfrieden für Ruhe sorgen sollen. Wer es sich leisten kann, ist in die privaten Residenzen umgezogen.
In Bagdad haben die Amerikaner Dutzende Stadtviertel mit Betonbarrieren abgesperrt. Hunderttausende Iraker leben so in offenen Gefängnissen. Die amerikanische Armee hat offiziell versichert, sie wolle dem Irak das Konzept der "gated communities", der geschlossenen Wohnanlagen, anbieten.
Die Mauern sind politisch, religiös und gesellschaftlich bedingt. Mit ihnen erübrigt sich die Behebung der sozialen Ungerechtigkeit. Je weniger sich der Staat für das Allgemeinwohl einsetzt und je mehr Mauern gebaut werden, desto weiter schreiten Ghettobildung und Privatisierung der Polizei voran. So durchziehen mehr als 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende des Kalten Krieges Tausende kleiner Mauern die Städte und die Gesellschaft und beschwören einen Alptraum städtischer Apartheid.

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