19.09.2012

Julia Schramm: Ein Buchdebakel als Sieg für Bertelsmann

[FAZ] „Wenn die Piraten so krachend scheitern, diskreditiert das die komplette politische Jugend", schrieb mir vor Kurzem eine Expertin für Parteipolitik, aber meine Grossmutter sagte immer: „Es ist selten ein Schaden, wo kein Nutzen dabei ist". Und unter diesen Prämissen ist vielleicht auch das Buch der Autorin Julia Schramm zu sehen, die als Beisitzerin im Vorstand der Piratenpartei ist, und beim Bertelsmann-Verlag Knaus im mittelzarten Alter von 27 Jahren ihre Autobiographie veröffentlicht hat. Auf der kommenden Buchmesse wird man auf die Verantwortlichen im Verlag mit dem Finger zeigen und ungeniert lachen, so aberwitzig war der gezahlte Vorschuss, und so atemberaubend die Ausdünstung aus dem „Faselmorast", um Schramm zu zitieren. Aber neben der belleltristischen Seite ist da auch noch der Aspekt der übergeordneten Firmeninteressen des Medienimperiums. Und so gross der Flop für das Buch sein mag, hat Bertelsmann doch eine lächerlich geringe Summe für einen enormen netzpolitischen Gewinn bezahlt.
All das, was Piratenpolitiker den Wählern nicht zu sein versprachen, lässt sich zwei Tage nach Erscheinen des Buches ohne grosse Mühe aufzeigen. 100000 Euro mögen ein Rekordvorschuss sein. Aber es ist als politische Landschaftspflege günstig, wenn man als grosser Medienkonzern verhindern möchte, dass für vier Jahre Vertreter einer Netzgeneration im Bundestag sitzen, und vielleicht sogar mit eintscheiden können, welche Veränderungen im Kerngeschäft der Familie Mohn zu erwarten sind. Bürgerrechte, Abmahnunwesen, Datensicherheit, Urheberrechte, gerechte Bezahlung von Praktikanten, das alles wäre ein Thema geworden, wenn sich die traditionellen Parteien vor den Piraten hätten fürchten müssen.
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